Anders als noch im 19. Jahrhundert, in dem der Zusammenhang zwischen Seuchen und Slums Sozialkritiker auf den Plan rief, fühlen sich heute jene besonders kritisch, die die epidemiologisch sich geltend machende Einheit des Menschengeschlechts vor der Krankheit abtun oder gleich leugnen. Die absolute Freiheit, um die es diesen Kritikern zu tun ist, ist nur noch unzureichend als politische Manifestation zu deuten, vielmehr muss sie als Ausdruck eines spezifischen Sozialcharakters gelten, dessen Selbstbezüglichkeit, die die Krankheit lediglich als Kränkung wahrnimmt, die postindustrielle Gesellschaft selbst befördert: indem sie Konkurrenz verabsolutiert und zugleich das Trugbild der Definitionsmacht des Einzelnen über Natur (auch die eigene) und Gesellschaft stiftet. Die Virulenz der Epidemie trifft auf die Ignoranz allzu vieler Narzissten. Nur Einschränkung dieser doppelten Freiheit, der ökonomischen wie mentalen – Milliarden Menschen weiterhin als Überschuss vegetieren zu lassen einerseits und die Folgen selbstherrlich zu negieren andererseits –, wäre die einzig vernünftige Konsequenz.
»Nicht nur auf Freud und Marx stützt sich der Autor, sondern zieht neben weiteren Theoriegrößen wie Georg Lukács und Hannah Arendt auch zeitgenössische Autoren wie den Journalisten und Schriftsteller Daniel Schulz sowie den Soziologen Mike Davis heran. […] Zuweilen nachvollziehbar polemisch gegenüber der augenscheinlich schlechten Einrichtung der Gesellschaft ist dieser Text ein scharfsinnig argumentierter, verständlich formulierter und wissenschaftlich gut unterfütterter Essay, den es sich zu lesen lohnt.« (Larissa Kunert, ND)
»Was haben wachsende Slums afrikanischer und asiatischer Metropolen mit hiesigen Corona-Leugnern zu tun? Sehr viel, behauptet Uli Krug in seinem Essay. Denn beide seien Ergebnis globaler Produktionsbedingungen.« (Bodo Morshäuser, DLF Kultur)