Edition Tiamat
Poliakov, Léon

Vom Hass zum Genozid

Das Dritte Reich und die Juden

Vom Hass zum Genozid
Critica Diabolis 295
Hardcover, aus dem Französischen übersetzt und mit einem Nachwort von Ahlrich Meyer
600 Seiten
34 Euro
ISBN 978-3-89320-277-5
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Ein frühes Standardwerk über die Judenvernichtung, das in viele Sprachen übersetzt wurde, aber erst 70 Jahre danach auch auf Deutsch erscheint.
Aus dieser ersten auf Dokumenten basierten Studie geht hervor, dass es sich bei der Judenvernichtung um einen beispiellosen Vorgang handelt oder, wie es Hannah Arendt ausdrückte, um »die schrecklichste Erfahrung unserer Generation«.

»Dieses Buch ist ein historisches Meisterwerk. Es erscheint mit siebzig Jahren Verspätung in Deutschland. Die Gründe für die Verspätung sind heute nicht leicht verständlich zu machen. Handelt es sich bei der 1951 veröffentlichten Ausgabe des Bréviaire de la haine doch um die erste systematische Gesamtdarstellung des Mordes an den europäischen Juden auf der Grundlage von deutschen Dokumenten. Vielleicht muß man daran erinnern, daß die frühe jüdische Historiographie des Holocaust im Nachkriegsdeutschland kaum Beachtung gefunden hat. Das gilt für die Forschungen und Publikationen der Zentralen Jüdischen Historischen Kommission in Polen ebenso wie für die Pioniere, die in Westeuropa etwa im Umkreis des Pariser Jüdischen Dokumentationszentrums arbeiteten. Zu letzteren zählte Léon Poliakov. […] Er war es, dem wir die Sicherung der von den Deutschen 1944 in Paris zurückgelassenen Gestapo-Akten verdanken, die die französische Anklagevertretung bei den Nürnberger Prozessen vorlegte, die im Eichmann-Prozeß in Jerusalem 1961 zitiert wurden und auf die sich die gesamte spätere Forschung zur »Endlösung der Judenfrage« in Frankreich stützte.
Poliakov war von 1946 bis 1948 als Sachverständiger der französischen Delegation beim Internationalen Militärgerichtshof in Nürnberg tätig. Er hatte Gelegenheit, den Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher und die sogenannten Nürnberger Nachfolgeprozesse einzusehen. […] Gestützt auf die Nürnberger Prozeßunterlagen, wurde Poliakov zum ersten Historiker, der nur wenige Jahre nach den Ereignissen ein umfassendes, dokumentarisch abgesichertes Bild des Holocaust zeichnete. Was seine Darstellung heute, nach Jahrzehnten der konkurrierenden Interpretationen und Deutungen des Geschehens, lesenswert macht, ist der unverstellte Blick des Autors, die unmittelbare Konfrontation mit dem Quellenmaterial. Bewußt legte er die Dokumente und Aussagen der deutschen Täter zugrunde, um zu rekonstruieren, was geschehen war und wie es geschehen war. Letztlich ging es ihm dabei nach eigenem Bekunden um die Frage, warum die Nazis die Juden vernichten wollten. Ein oft zitierter Satz Poliakovs lautet, er habe wissen wollen, »warum man mich gemeinsam mit Millionen anderer Menschen tö- ten wollte«. Aber sein Buch, wenngleich es sich auch mit der Psychologie der Mörder beschäftigt, beantwortet diese unvermeidliche und zugleich unbeantwortbare Frage nicht. Das einzige erkennbare Motiv ist, folgt man Poliakov, der Haß auf die Juden.« (Aus dem Nachwort des Übersetzers Ahlrich Meyer)


Pressestimmen

»Dem französischen Historiker Léon Poliakov kommt das Verdienst zu, nur sechs Jahre nach dem Ende des ›Dritten Reiches‹ erstmals eine ganz Europa und das gesamte Verfolgungsgeschehen umfassende Darstellung vorgelegt zu haben, in deren Mittelpunkt allein die Entrechtung und Ermordung der europäischen Juden stand. (…) Dass Poliakovs Pionierwerk nun auch auf deutsch vorliegt, ist vor allem dem Historiker Ahlrich Meyer zu verdanken. (…) Es als ›historisches Meisterwerk‹ zu bezeichnen, wie es der Übersetzer in seinem Nachwort tut, ist nicht zu hoch gegriffen.« (René Schlott, Frankfurter Allgemeine Zeitung)

»Mit seiner Rekonstruktion des Ver­nichtungsprozesses trägt Poliakov all das zusammen, was auch einige nach­geborene Historiker gern mit den Ur­sachen des Holocaust verwechseln. Da ihnen das existenzielle Erschre­cken abgeht, das Poliakovs Buchs durchzieht, genügen ihnen kumula­tive Radikalisierungsprozesse, kriegs­bedingte Verrohung oder Habgier als Erklärung.« (Jan Gerber, taz)

»Beim Lesen kann man erahnen, weshalb an der Publikation der erschütternden Darstellung lange wenig Interese bestand. Die Verbrechen werden mit so großer Wucht und analytischer Kraft geschildert, dass sich der Leser nicht entziehen kann. Gleichzeitig beeindruckt die Souveränität Poliakovs und sein – allerdings nur scheinbarer – Abstand gegenüber dem Unfassbaren. Bemerkenswert sind die stets eingeflochtenen psychologischn und anthropologischen Überlegungen zu den Tätern. Kein Wunder also, dass sich deutsche Historiker und Publizisten lange eher an der Verächtlichmachung auch der großen Monumentalwerke beteiligten, die Pliakov nach seinem Erstlingswerk schuf." (Holger Böning, Jüdische Allgemeine)

»Poliakov entwickelt auf Grundlage deutschen Aktenmaterials eine Gesamtschau, die erklärt, wie und warum Deutschland die Zivilisation brach. Er zeigt, dass die Wendung weg von der Oberfläche hin zum Wesen und Inneren, Kennzeichen der unzureichenden Zivilisierung – lange vor Hitler – archaische Antriebe förderte. Kein westliches Land kokettierte derart mit seinen barbarischen Vorfahren, keines verwechselte Enthemmung mit Reinigung. Dieser ›sakrake Kult‹ (Poliakov) um Rasse, Blut und Volk prädestinierte die Deutschen zur Tat, die sich nur an der Gegenrasse, dem Gegenblut und dem Gegenvolk manifestieren konnte.« (Uli Krug, Jungle World)

»Dank an den Berliner Klaus Bittermann Verlag (Edition Tiamat), dass dieses wichtige Zeugnis der Schoah dem deutschen Leser zugänglich gemacht wurde.« (Jim G. Tobias, hagalil.com)

»Vom Hass zum Genozid stellt noch immer eine bedrängende, eine fordernde, eine beeindruckende Lektüre dar. [...] Auch wenn die Studie maßgeblich auf deutschen Täterquellen beruht, liefert sie ebenso treffende Analysen zur Situation der Opfer. So bietet Poliakov soziologische und psychologische Betrachtungen über die Ghettogesellschaft. Dabei thematisiert er nicht nur die psychischen und physischen Folgen des ständigen Hungers, sondern berücksichtigt auch die vielfältigen Initiativen um Sozialhilfe und den Erhalt eines kulturellen Lebens. [...] Es ist bemerkenswert, zu welch weitreichenden Analysen, Thesen und Schlussfolgerungen Poliakov sechs Jahre nach Kriegsende gelangte, die zahlreiche Fragen und Erkenntnisse der späteren Holocaustforschung zum Teil um Jahrzehnte vorwegnahm.« (Anna Ulrich. Jüdische Gesichte und Kultur #6 2022)

»Léon Poliakovs exzellentes Buch über das Dritte Reich und die Juden ist das erste, das die letzten Phasen des Nazi-Regimes streng auf der Basis von Primarquellenmaterial beschreibt. […] Poliakov erzählt die Geschichte mit begründeter Hartnäckigkeit so, wie sie sich aus den Dokumenten selbst ergibt, und vermeidet so die Vorurteile und vorgefassten Urteile, die fast alle anderen veröffentlichten Berichte trüben. Er hat ein Auge für das Relevante und besitzt eine vollständige und intime Kenntnis der komplizierten Verwaltungsmaschinerie Nazideutschlands, der schwankenden Beziehungen zwischen den verschiedenen Diensten sowie der Höhen und Tiefen der verschiedenen Cliquen um Hitler herum. […] Dies sind nur einige Beispiele aus der außerordentlichen Fülle an neuem Faktenmaterial in diesem Buch. Wer wissen will, ›was wirklich geschah‹ und ›wie es wirklich geschah‹ – das Was und das Wie ist nicht nur die schrecklichste Erfahrung unserer Generation, sondern wohl auch die bedeutendste –, kann es sich nicht leisten, diese Studie zu übersehen, und tut vielleicht am besten daran, mit ihr zu beginnen.« (Hannah Arendt)

»Léon Poliakov war ein Pionier der frühen Phase der Forschung, der in Paris Dokumente zusammentrug und mit seiner ersten Veröffentlichung – Bréviaire de la Haine – die wissenschaftliche Disziplin begründete, die wir heute als „Holocaustforschung“ bezeichnen. Diese erste umfassende Untersuchung zu unserem Thema stützt sich hauptsächlich auf die Nürnberger Prozessakten. Poliakov hatte bereits eine Vorstellung von dem Gesamtphänomen und sogar eine These, nämlich die, dass die Vernichtung der Juden auf Hass zurückzuführen sei.« (Raul Hilberg)

»I was eighteen when my own miscellaneous thoughts and feelings about the Holocaust crystallised into a determination to find out more, to get a clearer picture. When I looked for a book which treated the Jewish catastrophe as a whole, however, there was none to be found – and this was in 1953, eight years after the end of the war. (The admirable Leon Poliakov had in fact brought out the first such study, Bréviaire de la Haine, in 1951, but it had not yet been translated.)« (John J. Gross, Autor von »Shylock. A Legend and its Legacy«)

Verlagsvorschau Herbst 2024

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