Die zentralen Herausforderungen für die Erinnerung an den Holocaust scheinen inzwischen weniger von rechts als von links zu kommen. Insbesondere von postkolonialer Seite wird die Vernichtung der europäischen Juden regelmäßig relativiert. Während die rechten Versuche, die Präzedenzlosigkeit des Holocaust in Frage zu stellen, völlig zu Recht große Empörung nach sich ziehen, sind die postkolonialen Anwürfe akzeptierter Bestandteil der Debattenkultur. In den Beiträgen dieses Jahrbuchs wird dieser Entwicklung sowie den Hintergründen, Ursachen und Dynamiken der postkolonialen Auseinandersetzung mit dem Holocaust nachgegangen. Darüber hinaus gibt es Texte zu weiteren aktuellen Fragen, zeitlosen Problemen, Prosa und Lyrik.
Mit Beiträgen von Hans Atom, Klaus Bittermann, Vivek Chibber, Dan Diner, Jan Gerber, Thomas Gsella, Cedric Johnson, Steffen Klävers, Uli Krug, Tjark Kunstreich, Kolja Podkowik, Adolph Reed Jr., Markus Riexinger, Antje Schippmann, Laura Spinney, Vojin Saša Vukadinović, Simon Wiesenthal und anderen.
»Warum dieses Jahrbuch über den Postkolonialismus neben der Entzauberung des Orientalismus und seines Erfinders Edward Said auch einen Beitrag über den Anschlag auf die Synagoge von Halle enthält, versteht man, wenn man der Grundthese der Herausgeber folgt, dass es einen inneren Zusammenhang gebe zwischen antisemitischem Denken und postkolonialem Diskurs. Schon in seiner Einleitung macht der Historiker Jan Gerber deshalb in bemerkenswerter Klarheit deutlich, worin der eigentliche Unterschied besteht und was den Holocaust von den Verbrechen des Kolonialismus ganz wesentlich unterscheidet. Wer in diesem Zusammenhang von Opferkonkurrenz spricht, hat den Unterschied nicht begriffen – oder er leugnet ihn ganz bewusst.« (Johann Michael Müller, Cicero)
»Es tut dem Verstand wohl, dass Jan Gerber bei die Klassifizierung des Holocaust von Max Horkheimers Kategorie der ›instrumentellen Vernunft‹ ausgeht. Sie ermöglicht ihm die axiomatische Aussage, alle bisherigen Verbrechen und Großverbrechen seien Ausdruck ebendieser eingeschränkten Vernunft, die das Verstehen von Mensch und Natur nur unter Nützlichkeitserwägungen ermögliche, das Holocaust-Verbrechen weise aber mit überschießenden Irrationalismen darüber hinaus. […] Das Jahrbuch ist zweifellos ein wichtiger Beitrag zum Erkennen und Präzisieren des Falschen.« (Rolf Surmann, Konkret)
»Der ersten Ausgabe der Hallischen Jahrbücher ist gelungen, was sie als Forderung ansetzte: die “rücksichtslose Kritik des Bestehenden” (10) zu leisten und “historisches Bewusstsein, Unterscheidungsfähigkeit und politische Urteilskraft” zu stärken« (Luis Gruhler, Nilpferdkönige-Blog)