Edition Tiamat
Schneider, Peter

Follow the science?

Ein Plädoyer gegen wissenschaftsphilosophische Verdummung und für wissenschaftliche Artenvielfalt

Follow the science?
Critica Diabolis 284
Broschur
112 Seiten
16 Euro
ISBN 978-3-89320-267-6
Leseprobe

Was tun gegen Verschwörungstheorien, Klima-Leugner, Corona-Zweifler, Fake News, Wissenschafts-Skepsis, Pseudowissenschaften und Obskurantismus? Follow the science! Aber welcher Wissenschaft? Nur schon diese Frage zu stellen, scheint riskant: Denn führt sie nicht auf direktem Wege in die Fänge der merchants of doubt, welche die Autorität der Wissenschaft leichtsinnig in Frage stellen und nicht müde werden zu betonen, dass es in der Wissenschaft zu jeder Meinung eine Gegenmeinung gibt und Wissenschaft eben auch nur ein Glaube unter anderen ist – und nicht unbedingt der beste?
Die Lage ist vertrackt: Je verzweifelter man versucht, der Irrationalität der Spinner und Leugner durch den Hinweis auf »die Wissenschaft« zu begegnen, desto mehr scheint die Grenze zwischen »der« Wissenschaft und dem, was man mit ihrer Hilfe bekämpfen möchte, zu verschwimmen. Denn »die Wissenschaft« ist – wie viele Verschwörungstheorien ihrerseits – eine Karikatur von realen Wissenschaften.
Im Kampf gegen die »Aluhüte« wird ein idealisiertes Bild der Wissenschaften restauriert, von dem Wissenschaftsphilosophie, -geschichte und Wissenschaftsforschung sich längst mit guten Gründen verabschiedet haben: indem sie nämlich den normativen Theorien, was »Wissenschaft« ist oder sein sollte, realistische Beschreibungen und Analysen dessen gegenübergestellt haben, was Wissenschaftler*innen tatsächlich tun, wenn sie Wissen schaffen. Dieser Essay ist ein Plädoyer gegen diese Restaurations-Tendenzen und für die Pluralität der Wissenschaften und ihrer verschiedenen Methoden.


Pressestimmen

»Den Schweizer Psychoanalytiker Peter Schneider nervt das Gerede von „der“ Wissenschaft, die im Gegensatz zu Meinungen eindeutige Fakten liefere, etwa um Verschwörungstheoretiker zu widerlegen. Es gebe „die“ Wissenschaft gar nicht, auch „die“ wissenschaftliche Methode gebe es nicht, Wissenschaft sei nur divers denkbar. Sein „Follow the science?“ ist eine Aktualisierung der Definition von „Wissenschaft“.« (Bodo Morshäuser, Deutschlandfunk Kultur)

»Peter Schneider ermutigt, einen klaren Blick auf die Welt, in der wir leben, zu bewahren, so manche Illusionslosigkeit auszuhalten und nüchtern wie vernünftig ebenso kruden Verschwörungstheorien wie einer bloßen Wissenschaftsgläubigkeit zu widerstehen.« (Thorsten Paprotny, Rezensionen.ch)

»Der Psychoanalytiker und Kolumnist Peter Schneider hat ein Faible für die Wissenschaftsforschung, und er tritt in dieser kleinen, pointiert und ja: amüsant verfassten Streitschrift an, die Wissenschaft gegen ihre Freunde zu verteidigen – und gegen ihre Feinde sowieso.« (Buchladen zur Schwankenden Weltkugel)

»Folgt man dem Schweizer Psychoanalytiker stamme sowohl die neue Wissenschaftsfeindlichkeit als auch die neue Wissenschaftsgläubigkeit aus den USA, begannen aber nicht erst mit der Klimadebatte. Vielmehr hätten alle republikanischen Präsidenten seit Ronald Reagan versucht, unliebsame Expertisen aus politischen Entscheidungsprozessen zu verdrängen, indem sie wissenschaftliche Befunde zu bloßen Meinungsäußerungen degradierten. Demnach hat Trump diese Entwicklung bloß auf eine extreme, zum Teil bizarre Spitze getrieben.« (Deniz Yücel, Die Welt)

»Schneider plädiert für eine verantwortungsbewusste und differenzierte Betrachtung der Wissenschaften. Natürlich gibt es in den Wissenschaften unterschiedliche, auch widerstreitende Haltungen und Ansätze. Der Psychoanalytiker warnt eindringlich davor, diese Vielstimmigkeit der Wissenschaften eindämmen zu wollen, indem man bestimmten Denkrichtungen und Fakultäten mehr Bedeutung einräumt als anderen. Deshalb mahnt er vor einer Machtübernahme der ‘Hard Science’ über die ‘Soft Humanities’, also der Biologie über die Gender-Theorie, der Neurologie über die Psychologie oder der Evolutionsbiologie über die Soziologie. Doch Schneider macht klar: Vielstimmigkeit bedeutet nicht Beliebigkeit. Wissenschaften sind kein Kramwarenladen, deren Erkenntnisse als Meinungsäusserungen genutzt werden können. Das wird gerade von Zweiflern oft nicht beachtet. Es gibt sogar Verschwörungstheorien, die mit Versatzstücken aus den Wissenschaften arbeiten. Denn bei aller Skepsis: Ein bisschen Wissenschaftlichkeit klingt immer wunderbar seriös.« (SRF)

»Wie bekämpft man die grassierenden Verschwörungstheorien? Mit der faktischen, von den Wissenschaften eruierten Wahrheit natürlich! So lautet das Dogma der neuen Wissenschaftsgläubigen, deren Zahl komplementär mit jener der Verschwörungstheoretikerinnen zu wachsen scheint. Doch der gute Zweck heiligt die Mittel nicht. Die Formeln von der ‘evidenzbasierten Politik’ und der ’empiriegestützten Meinung’, die gegen Wahnideen und Desinformiertheit aufklärerisch aufgefahren werden, liegen im Dummsprech-Ranking weit vorne. Die Beliebtheit des Jargons ändert nichts daran: Er ist schief. […] Es geht […] um die Rettung der methodologischen Vielfalt und die Reflexion der Wissenschaften nicht vor den Verschwörern, sondern vor ihren eifrigsten Verfechtern.« (Urs Hafner, NZZ)

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