Poliakov musste als Kind mit seinen Eltern vor der Oktoberevolution fliehen und gelangte über Berlin nach Paris, wo sein Vater das Pariser Tageblatt ins Leben rief und zum populären Sprachrohr von Schriftstellern wie Heinrich Mann und Oskar Maria Graf machte. 1940 geriet Léon Poliakov in Kriegsgefangenschaft. Nach seiner Flucht schloss er sich der Résistance an und beteiligte sich an der Rettung von Juden. Noch während der Befreiung Frankreichs begann Poliakov mit der Sammlung von Täterdokumenten und war Mitglied der französischen Delegation bei den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen. Schon 1951 entstand auf Anregung von Alexandre Kojève und Raymond Aron seine Studie »Le Bréviaire de la haine«, der erste systematische Versuch, den Massenmord an den Juden zu dokumentieren. Poliakov betonte im Gegensatz zu deutschen Historikern schon sehr früh die zentrale Rolle des eliminatorischen Antisemitismus. Aber die um die Deutungshoheit der Shoa ringenden deutschen Geschichtswissenschaftler haben den Résistanceaktivisten und Autodidakten im akademischen Betrieb bis heute ignoriert.
Die Übersetzung wurde
unterstützt von:
Fondation pour
la Mémoire de la Shoah, Paris
»Ich wollte wissen, warum man mich töten wollte – gemeinsam mit Millionen anderer menschlicher Wesen…« (Léon Poliakov)
»Poliakov besitzt ein umfangreiches und intimes Wissen über die komplizierten abministrativen Strukturen Nazi-Deutschlands, von den ständig sich verändernden Beziehungen zwischen den verschiedenen Diensten, wie vom Auf und Ab der verschiedenen Cliquen um Hitler.« (Hannah Arendt)
»Ein Pionier der frühen Phase der Forschung, der in Paris Dokumente zusammentrug und mit seiner ersten Veröffentlichung – Bréviaire de la Haine – die wissenschaftliche Disziplin begründete, die wir heute als „Holocaustforschung“ bezeichnen. Diese erste umfassende Untersuchung zu unserem Thema stützt sich hauptsächlich auf die Nürnberger Prozessakten. Poliakov hatte bereits eine Vorstellung von dem Gesamtphänomen und sogar eine These, nämlich die, dass die Vernichtung der Juden auf Hass zurückzuführen sei.« (Raul Hilberg)
»Poliakov erkennt die destruktive Tendenz der Aufklärung, ohne sie zugleich als das Medium zu begreifen, in dem er agiert. Trotz seiner Aufnahme ins renommierte Pariser Centre de la recherche scientifique begann er an seinen aufklärerischen Möglichkeiten zu zweifeln. Er wird zum Polemiker, am bemerkenswertesten in seiner Anklage eines Antisemitismus, der sich im nach 1967 modisch gewordenen Antizionismus verbirgt.« (Detlev Claussen, taz)
»Tatsächlich – Léon Poliakov ist mit seinen Memoiren eines Davongekommenen eine zweite Éducation sentimentale gelungen, der fesselnde Erlebnisbericht über eine Erziehung des Herzens unter Bedingungen extremer Inhumanität.« (Thomas Palzer, Deutschlandfunk)
»Dem Monströsen, dem Poliakov im Zweiten Weltkrieg als französischer Soldat und Widerstandskämpfer gegenüberstand und dem er nur knapp
entrann, begegnete der hierzulande ungeliebte Historiker des Judenhasses mit lakonischem Humor. Ein Humor, der sich dank der Übersetzung, die das von russischer Literatur gefärbte Französisch Poliakovs nachempfindet, auch dem deutschsprachigen Leser mitteilt. Seine Autobiographie ist auf
eine so trockene Art komisch, dass sie zu lesen tatsächlich auch ein Vergnügen ist.« (Uli Krug, jungle world)
»Angesichts des derzeitigen Wiederaufstiegs solcher Weltanschauungen (wie der Identitären) ist es ein Geschenk, Poliakovs Text neu aufgelegt lesen
zu dürfen und dank des erhellenden Nachworts von Alexander Carstiuc in sein Werk eingeführt zu werden.« (Marc Ottiker, derFreitag)